Bericht 2011

Westwalltag 2011

 

Der diesjährige Westwalltag fand vom 28. bis zum 30.10.2011 im Raum Baden-Baden in Baden-Württemberg statt.

Am Freitag, 28.10.2011, trafen sich über 60 Teilnehmer am Abri Drusenheim am östlichen Ausgang des gleichnamigen Dorfes. Dieser Abri der Maginot-Linie wird seit einigen Jahren von der Vereinigung "Les gardiens du Rhin" in Zusammenarbeit mit der Gemeinde betreut. In über 1.000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden haben die Mitarbeiter dieser Vereinigung den Abri zu einem sehenswerten Bauwerk gemacht. Die Vereinigung betreut noch weitere Bauwerke der Maginot-Linie zwischen Drusenheim und Straßburg, die nach und nach zugänglich gemacht werden sollen. Nach einer Stärkung mit Kaffee und Croissants ging es zum Fort-Louis.

Bild 1 Abri Drusenheim Florian kleinIm Abri Drusenheim haben die „Gardiens du Rhin“ ganze Arbeit geleistet und das Bauwerk hervorragend restauriert (Florian Wein)

 

Die Vauban-Festung wird von der Gemeinde touristisch erschlossen und ist mit zahlreichen Informationstafeln ausgestattet, die den Besuchern die Geschichte dieser Festung nahebringen. Ein Sprung in die Zeit des Kalten Krieges war der Besuch des Deutsch-Kanadischen Luftwaffenmuseum in der ehemaligen kanadischen Luftwaffenbasis Söllingen, dem heutigen "Baden-Airpark". In einem Flugzeug-Shelter wurden die Teilnehmer durch 40 Jahre Luftwaffengeschichte am Oberrhein geführt. Eine F 86 Sabre und eine F 104 Starfighter, beides Flugzeugtypen die von den kanadischen Luftstreitkräften geflogen wurden, sind dort die größten Ausstellungsgegenstände. Aber auch "Bruce the moose", die kanadische Elchtrophäe, zog die Blicke auf sich.

Bild 2 D-K-Museum Felix kleinDas deutsch-kanadische Luftwaffenmuseum widmet sich der 40jährigen Geschichte der kanadischen (Luft-) Streitkräfte am Oberrhein (Felix Wein)

 

Die Besichtigung einiger interessanter Westwall-Anlagen aus den Baujahren 1936 bis 1938 rundeten diesen Tag ab bevor es in das Tagungshotel Sternen in Ottenhöfen ging. Die abendlichen Fachvorträge waren dem Kalten Krieg gewidmet. Klaus Kreidler ging dabei auf Raketenstellungen und Sondermunitionslager in Baden-Württemberg ein während Stefan Pinner über die Verstärkerstellen der Deutschen Post referierte. Die Zuhörer waren sich einig, daß das Thema Kalter Krieg jeden mehr beschäftigt hatte, als damals wahrnehmbar war.

Zwei Hohlgänge bei Baden-Baden standen am Samstag, 29.10.2011, zunächst auf dem Programm. Im Teilort Lichtental blieb ein Korpsgefechtsstand nach dem Krieg deshalb erhalten, weil auf einen Vorschlag eines Mitarbeiters hin die Stadtwerke Baden-Baden den Hohlgang in einen Wasserbehälter umwandelten. In Neuweier entstand während dem Bau des Westwalls eine weitere Hohlgangsanlage, die nach dem Krieg ebenfalls nicht gesprengt wurde. Dafür wurde sie zum atombombensicheren Gefechtsstand der französischen Streitkräfte in Süddeutschland umgebaut. Da die Anlagen normalerweise nicht (Lichtental) bzw. nur eingeschränkt (Neuweier) begehbar sind, dankten die Teilnehmer den Stadtwerken Baden-Baden sowie den Herren Velten und Heilig für die Möglichkeit, die Hohlgänge zu besichtigen.

Bild 3 Lichtental Felix kleinIm Korpsgefechtsstand Lichtental blieben die originalen Hohlgangs-Profile erhalten (Felix Wein).

Zwischen den beiden unterirdischen Bauwerken befindet sich eine der 33 Sperrstellen, die 1937 am westlichen Schwarzwaldrand entstanden und die Übergänge von Westen her über die Berge sperrten. Die Bunker der Sperrstelle Zimmerplatz sind heute kaum noch erkennbar, so klein wurden die D-Stände gesprengt. Dafür haben sich zwei Hindernisse erhalten, ein Steckschienenhindernis sowie eine gemauerte Panzermauer. Diese Mauer ist in den Sperrstellen einmalig und wurde deshalb auch ausführlich besichtigt. Daß auch der Schriftsteller Ernst Jünger seine Spuren am Westwall hinterlassen hat erfuhren die Teilnehmer bei Stollhofen. Dort befand sich der Gefechtsstand von Ernst Jünger, der hier als Hauptmann und Kompanieführer in der 96. Infanterie-Division 1939/40 seinen Dienst verrichtete. Sein Aufenthalt im Westwall schlug sich in seinem Werk "Gärten und Straßen" nieder. Westwall-Anlagen aus dem Limes-Bauprogramm in den Baustärken B alt und B neu zeigten die Entwicklung der Bauwerke in den beiden Jahren 1938 und 1939 auf. Eine ebenfalls 1939 entstandene Artilleriestellung wies Bettungen auf, die eigentlich an die offenen Bettungen des I. Weltkriegs erinnerten. Offenbar hatte hier ein Weltkriegs-Offizier seine Erfahrungen zwei Jahrzehnte später wieder eingebracht. In den abendlichen Vorträgen wurde ein weiteres Mal auf den Kalten Krieg eingegangen. Während Friedrich Wein auf die einstmals am Oberrhein stationierten kanadischen Streitkräfte, ihre Stationierungsorte und Bauwerke einging, widmete sich Stefan Pinner sachkundig der Notgeldversorgung des Bundes im Krisenfall.

Der Sonntag begann am sagenhaften Mummelsee im Grindenschwarzwald. Oberhalb dieses Sees an der Schwarzwaldhochstraße befinden sich auf der Hornisgrinde die Reste einer 60jährigen deutsch-französischen Militärzeit. Diese begann 1939 mit dem Bau einer schweren Flugabwehrstellung der LVZ West und endete 1999 mit der Übergabe des französischen Nachrichtenstützpunktes an den Bund. Vor dem letzten erhaltenen französischen Bunker empfing der Seebacher Bürgermeister Schmälzle die Teilnehmer. Er ging dabei auf die 60 Jahre ein, in der die Hornisgrinde Sperrgebiet war. Er schlug den Bogen zur touristischen Entwicklung dieses Berges seit der Räumung. Mit dem Erhalt von deutschen und französischen Militärbauwerke sah er die Möglichkeit, das touristische Angebot auf der Hornisgrinde zu erweitern.

Bild 4 Hornisgrinde Florian kleinAuf der Hornisgrinde wurden die Teilnehmer von Bürgermeister Schmälzle begrüßt, der auf die Bedeutung der 60jährigen Militärzeit dieses Berges einging (Florian Wein)

Auf den neuesten Stand der Forschungen zur Geschichte des Führerhauptquartiers „Tannenberg“ sowie der dortigen Flugabwehrstellung ging Arno Fröba ein. Anhand von Luftbildern konnten einige weitere Bauwerke im Gelände identifiziert werden. Hier schloß der Westwalltag 2011. Die Bedeutung dieser Bauwerke für den Naturschutz zeigte Herr Klüber, ein Mitarbeiter des Naturschutzzentrums Ruhestein und hauptamtlicher Schliffkopf-Ranger, auf. Gerade für geschützte oder bedrohte Kleintierarten bieten die Nischen und Spalten der Bauwerke Rückzugsmöglichkeiten. So konnte der Westwalltag 2011 mit vielen neuen Eindrücken und Anregungen beendet werden, die die Teilnehmer mit nach Hause nahmen.

 

Der Westwalltag 2012 findet voraussichtlich vom 26.10. bis 28.10.2012 im Pfälzer Wald statt.

Für die Arbeitsgemeinschaft Westwalltag: Friedrich Wein

 

Vereinigung "Les gardiens du Rhin":
contact.lesgardiensdurhin@gmail.com

Deutsch-Kanadisches Luftwaffenmuseum:
airforcemuseumsoellingen@hotmail.de

Hornisgrinde:
info@brand-denkmalschutz.de

Westwalltag:
info@westwalltag.de

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